Ehrung für ein „Lebenswerk“
8. Februar 2024
Tja, da das Leben nun ja nicht zu Ende ist und wir weiter am Wirken sind, können wir nur eine Zwischenbilanz ziehen. Also versuchen wir, einen Rückblick zu geben auf unsere Bemühungen gegen alte und neue Nazis, sei es bei Kundgebungen und Demonstrationen, sei es durch die Dokumentation der Nazi-Verbrechen sowie der Bemühungen unserer widerständigen VorkämpferInnen im Raum Pforzheim.
Zum Glück hatten wir vor fast 50 Jahren noch die Möglichkeit, Überlebende des Nazi-Terrors kennenzulernen und auch Menschen in und aus Pforzheim, die vor 1933 vor den Nazis warnten. Die Unterstützung dieser Menschen hat viele unserer Projekte erst ermöglicht.
In jener Zeit waren wir u.a. engagiert gegen den Militär-Putsch in Chile 1973, der von Franz Josef Strauß und anderen Rechts-Außen-Politikern gefeiert wurde. In der Landesbibliographie Baden-Württemberg sind Veröffentlichungen ab 1980 verzeichnet, meist herausgegeben durch die Stadt Pforzheim und die GEW bzw. den DGB Pforzheim. Flugblätter und Redemanuskripte für Demonstrationen und Kundgebungen fehlen dort. Bei der Erforschung des schwarz-braunen Lochs in Pforzheim, wo bei den Wahlen im März 1933 57,5 Prozent der Wahlberechtigten für die NSDAP stimmten, haben wir nicht „objektiv“ dokumentiert, sondern immer versucht, den Verfolgten, Überlebenden oder widerständigen Menschen Name, Gesicht und Stimme zu geben. Viele, auch Nachkommen, haben sich dafür bedankt, dass ihre Geschichten endlich erzählt werden, dass Eltern oder Großeltern der Anonymität statistischer Angaben entrissen und als Menschen, ArbeitskollegInnen oder NachbarInnen sichtbar wurden.
Die Arbeit war verbunden mit vielen Reisen, vor allem in Frankreich, und mit Begegnungen mit fremden Menschen, aus denen, nachdem das Eis gebrochen war, auch Freunde wurden. So war es. möglich, dass bisher namenlose Opfer der Nazi-Justiz endlich als Résistance-KämpferInnen, als Nazi-GegnerInnen wahrgenommen und gewürdigt wurden. Und zwar nicht irgendwo versteckt in der grauen, ohnehin kaum zugänglichen Literatur, sondern öffentlich an den Orten des Geschehens in Pforzheim, Stuttgart, Karlsruhe. Öffentlich auch durch die Unterstützung der politisch Verantwortlichen in Gemeinden und Ministerien. Die daraus entstandenen Kontakte reichen nach Frankreich, in die Schweiz, nach Spanien, Großbritannien und in die USA, wir korrespondieren über die Bemühungen gegen Le Pen, gegen die rechtsnationale SVP, gegen die Ultra-Rechte VOX, die British National Party und gegen Trump.
Die seit 2013 veröffentlichten Ausstellungen, Dokumentationen und Artikel betreffen vor allem Pforzheim und die dortigen weißen Flecken. Teilweise gehen sie sie weit darüber hinaus, wurden meist mit KollegInnen erarbeitet. Sie zeugen nicht nur von Unterdrückung, sondern von Hilfe, Widerstand und Rettung. Wir hoffen auf Anregungen für Recherchen an anderen Orten, auf Widerstand, wo es heute nötig ist. Die Erfahrungen unserer VorkämpferInnen können helfen: gewaltfreier Widerstand, ziviler Ungehorsam, internationale Solidarität.