De-mo-kra-tie

geschrieben von Karl-Martin Matt

10. Juni 2025

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Zahllos die Appelle, dass die Demokratie verteidigt werden muss.

Das war schon immer so, sie war immer Auseinandersetzung. Bei den Maßnahmen die Gesellschaft zu gestalten, über gemeinsame Vereinbarungen und Gesetze ein Gemeinwesen zu organisieren gab und gibt es unterschiedliche Vorstellungen und Interessen in der Bevölkerung. Der Herr wollte immer Herr bleiben, der Knecht aber nicht Knecht.

Zu keiner Zeit hatte die Masse der Menschen in einem Maße die Möglichkeit über sich selber zu bestimmen wie in der modernen Demokratie, absolut gibt es sie nicht. Der Widerspruch, der Konflikt zwischen Herrschenden und Beherrschten ist nicht ausgeräumt, wenn auch der Konflikt in den demokratischen Staaten, zumindest im Innern, nicht mit Gewalt, wie in der Vergangenheit ausgetragen wird, noch nicht. Die Herrschenden haben in der modernen Industriegesellschaften andere Mittel ihre Macht, ihr Interessen durchzusetzen. Nach der Zerschlagung der faschistischen Gewaltherrschaft einigte man sich 1949 auf ein Grundgesetz mit dem ein „Nie wieder Faschismus. Nie wieder Krieg.“ durchgesetzt werden sollte.

Das Grundgesetz erklärte die Menschenrechte für unantastbar (Artikel 1) und versteht die Bundesrepublik Deutschland als sozialen- und demokratischen Rechtsstaat, in dem alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht (Artikel 20). Der Artikel 3 bestimmt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, die Gleichberechtigung von Mann und Frau gewährleistet werden muss und niemand wegen „seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“ darf.

Eine demokratische Ordnung sollte damit geschaffen werden, die die Volkssouveränität garantiert, politische und soziale Bürger-und Menschenrechte verwirklicht und wirksam schützt. Wiederbewaffnung, KPD-Verbot, Notstandsgesetze, Berufsverbote, Asylrecht, Gleichberechtigung von Mann und Frau…Für die Demokratie hatten die Herrschenden nicht all zu viel übrig. Der zum Teil große Widerstand gegen die Änderungen des Grundgesetzes konnte sich nicht durchsetzen,ist aber bis heute notwendig, so notwendig wie der Widerstand gegen den Abbau des Sozialstaats und die Entsolidarisierung in der Gesellschaft.

Also ja, die Demokratie muss verteidigt werden.

„Demokratische Politik ist abhängig von öffentlicher Zustimmung und muss sich gegenüber der Allgemeinheit erklären. Nach wie vor spielen die Massenmedien dabei eine Schlüsselrolle: Ein Großteil der Menschen informiert sich über politische Themen und das Tagesgeschehen durch Fernsehen, Zeitung und die dazugehörigen journalistischen Internetangebote. Journalisten bilden ein wichtiges Scharnier zwischen Politik und Bürgern. Sie spiegeln die Vielfalt der politischen Argumente wider, erläutern politische Prozesse und kommentieren die am Ende der Debatten getroffenen Entscheidungen. […] Parlamentarische Redefreiheit und Pressefreiheit sind und bleiben tragende Säulen unserer freiheitlichen Demokratie“  – Wolfgang Schäuble im November 2019. Wenn dem nur so wäre…

Aber Information wird im Kapitalismus, wie alles, zur Ware und die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit gilt letztlich nur für ein paar wenige. Zur Rolle der Medien in Sachen „Kriegsertüchtigung“ Deutschlands empfehle ich Renate Dillmans Buch „Medien. Macht. Meinung“ (Papyrossa) und „Inszenierung eines gerechten Krieges? Intellektuelle, Medien und der Kosovo-Krieg“ von Kurt Gritsch (Georg Olms Verlag).

Der wichtigste Bereich der Gesellschaft zu dem die Demokratie fast keinen Zutritt hat ist der Bereich von Wirtschaft und Arbeit. Wir leben im Kapitalismus, einem Wirtschaftssystem dem sogar die CDU 1947 im „Ahlener Programm“ vorgeworfen hat, den „staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden“ zu sein. Kritik am Kapitalismus kann heute noch oder wieder zu Berufsverboten führen. Demokratisch?

„‚Der Markt ist das Demokratischste, das wir haben, eine tägliche Volksabstimmung. Ich gehe zum Billa und entscheide: Kaufe ich Milch oder Butter.‘ Der Richter, entzückt, dass Raidl nicht nur das Wesen der Demokratie, sondern auch das der Wirtschaft in einem Satz erfasst hatte, ernannte den Mann zum Ersten Denker der Stadt und auch gleich zum Präsidenten der Nationalbank.“  – aus „Sie ließen die Arme hängen“ von Michael Scharang

Wirtschaft und Arbeit wird in den nächsten Antifa-Nachrichten Thema sein. Wenn die demokratische Gesellschaft ihr Konflikte nicht mit Vernunft lösen kann, kommen die Monster. Wir müssen die Demokratie nicht nur verteidigen, wir müssen sie auch erkämpfen. Das bedeutet auch den Rechtspopulisten entgegenzutreten. Wir müssen uns aber fragen weshalb seit ca. 20 Jahren plötzlich diese Bedrohung der Demokratie, nicht nur in Deutschland entsteht. Die Wahlerfolge der AfD haben Ursachen, die mit einem Verbot der AfD nicht beseitigt sind.