Stolpersteine in Tübingen
10. Juni 2025
AN25-2, Stolpersteine, Tübingen

Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig das im Jahr 1992 begann. Mit im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln , sogenannten Stolpersteinen, soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die quadratischen Tafeln aus Messing sind manuell mit Hammer und Schlagbuchstaben eingefügten Lettern beschriftet. Sie werden meist vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der NS – Opfer in das Pflaster bzw. Belag des jeweiligen Gehwegs eingelassen. Stolpersteine wurden in Deutschland wie auch in 31 weiteren europäischen Ländern verlegt. Sie gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt.
Demnigs Intention ist unter anderem, den Opfern die in den Konzentrationslagern zu Nummern degradiert wurden, ihre Namen zurückzugeben. Die Stolpersteine informieren nur knapp über den Menschen, der an diesem Ort lebte. Sie nennen in der Regel Vorname und Nachname, Jahrgang, Deportationsziel und Deportationsdatum, Datum und Art des Mordes oder des Überlebens.
Agnes Rösler und ihre Tante Julie Majer bekamen einen Stolperstein. “Zwei Pfarrerstöchter trotzten den Nationalsozialisten. Sie riskierten ihr Leben.“ Ihren Widerstand beschreibt Peter Ullmann in einem langen Artikel im Schwäbischen Tagblatt am 19.November 1988.
Weiter recherchierten wir zu politisch Verfolgten und stießen auf die erste „Liste über Schutzhäftlinge“ vom März 1939 in das KZ Heuberg der Polizeidirektion Tübingen, mit 24 Personen, eine kleine Publikation der Geschichtswerkstatt über entlassene Gemeinderäte -hier die Person des Schneidermeisters und einzigem KPD Gemeinderats Hugo Benzinger und seiner Frau Mina, gleichfalls bei der KP und bei der Roten Hilfe und ein Hinweis in der DGB Publikation: Arbeitertübingen. Hier wird berichtet, dass nach Entlassung Ferdinand Zeebs, der Gründer der KP Tübingen aus dem KZ er seine Arbeit zum Aufbau einer Widerstandsgruppe begann.
Beteiligt waren, so die Ausführungen, zwischen 20 – 60 Personen. Die wichtigsten Aufgaben waren: Hilfe für Verfolgte bei der Unterbringung, bei der Beschaffung von Papieren, in der Vernetzung von Widerstandsgruppen in Reutlingen – Stuttgart – Metzingen und dem Steinlachtal, in Kurierdiensten, in der Verteilung von Material und Flugschriften, und in der Roten Hilfe. Die Gruppe existierte bis ca. 1937 und ist nie aufgeflogen. Die Unterlagen, auch die Verschriftlichungen der Interviews, sowie die Bänder, sind leider verbrannt, die Namen, außer dem von Zeeb, unbekannt. Allerdings wurde der Versammlungsort grob als Hohentwielgasse angezeigt. Also begannen wir zu recherchieren, verglichen Namen und Adressen der 24 Gefangenen mit dem was wir wussten. Dass es sich bei Anton Luible, der fünf Monate im KZ Heuberg aushalten musste, in der Hohentwielgasse 9 um die richtige Adresse der Gruppe handelte, beweist der heutige Besitzer des Hauses, der dort bereits als Student wohnte und von seiner damaligen Vermieterin bestätigt bekam: „Do wo sie jetzt wohnet, hen sich emmer d`_Kommunischte troffa.“ Wir haben außer Zeeb noch 4 weitere Teilnehmer der Gruppe gefunden und werden weiter recherchieren.
Wir haben für Zeeb, Luible, Panter und Pfeiffer Stolpersteine verlegt, sowie für Hugo und Mina Benzinger. 2026 werden wir vor dem Häuschen in der Hohentwielgasse 9 eine Schwelle verlegen, die auf die Tätigkeiten der Widerstandsgruppe verweist.
Mit den neuen Stolpersteinen, die im Oktober 2024 verlegt wurden, haben nun alle jüdischen Bürger Tübingens und ein paar im Nationalsozialismus politisch Verfolgte einen Stolperstein bekommen. Die nächsten Steine sollen sich weiteren politisch Verfolgten und T4 – Opfern, sowie aufgrund von ihrer Sexualität Verfolgten widmen. Insgesamt erinnern 117 Stolpersteine in Tübingen an die Verbrechen der NS – Herrschaft.
Die Tübinger Stolpersteininitiative ist konfessionell und politisch neutral. Sie arbeitet generationsübergreifend mit Schüler/innen der Geschwister – Scholl – Schule, Berufstätigen und Senioren/innen zusammen. Sie steht allen Interessierten zur Mitarbeit offen.
Die Tübinger Jusos putzen regelmäßig die Steine.