Kundgebung zum 80. Todestag Erich Mühsams
4. Juli 2014
„Noch darf die Welt uns Sklaven heißen, noch gibt es Ketten zu zerreißen.“
Kundgebung am Donnerstag, 10. Juli um 19.00 Uhr Erich-Mühsam-Platz, Göppingen-Holzheim
Redner: Janka Kluge, Landessprecherin der VVN-BdA: Wer war Mühsam?
Klaus Maier-Rubner, Mitglied der Stolpersteininitative e.V. Göppingen: Lokaler Bezug
Ilona Abel-Utz, VVN-BdA Göppingen: Gedichte von Mühsam
Erich Mühsam: Anarchist & Schriftsteller
Der anarchistische Schriftsteller und Publizist Erich Mühsam wurde am 10. Juli 1934 von SS im KZ Oranienburg ermordet. Er war maßgeblich an der Münchner Räterepublik während der Novemberrevolution 1918 beteiligt. Diese bayrische Variante eines freiheitlichen Sozialismus wurde dann von der SPD kontrollierten Reichswehr zusammen mit rechten Freikorps blutig zerschlagen. Als „treibendes Element“ wurde er für seine Beteiligung zu 15 Jahren Festungshaft verurteilt, von denen er 5 Jahre ab saß und durch eine Amnestie 1924 frei kam. Danach warnte er schon früh vor dem drohenden Nationalsozialismus und einem erneuten (Welt-)Krieg in Wort und Schrift.
Bekannt wurde er für seine satirischen Artikel für den “Simplicissimus” oder für den “Ulk”, einer Beilage der Berliner Tageszeitung. Daneben war er Herausgeber oder Redakteur zahlreicher anarchistischer Zeitschriften wie „Der arme Teufel“, „Kain“ oder „Fanal“.
Vielseitig
Mühsam war eine facettenreiche Persönlichkeit, der seine Kunst wie sein Leben für Gleichheit und Freiheit widmete. Als Dichter der Bohéme bewegte er sich gerne unter Mitmenschen der untersten Schichten und schrieb oft über und aus der Welt der am Meisten Unterdrückten. Gleichzeitig war er ein vitaler Lebemann, der bekannt für chronischen Geldmangel war. Als undogmatischer Anarchist saß er gesellschaftlich wie auch politisch zwischen vielen Stühlen. Der Satz „Sich fügen heißt lügen“ aus einem seiner Gedichte, kann als sein Lebensmotto angesehen werden und ist daher nicht grundlos eines der bekanntesten Zitate des Dichters. Sein antifaschistisches Wirken veranlasste 1932 Goebbels, der spätere NSDAP Propagandaminister, ihn als „jüdischen Wühler“ zu beschimpfen, mit dem „man kurzen Prozess machen werde“. Ein Jahr später wurde er im Zuge der Verhaftungen wegen des Reichstagbrands in „Schutzhaft“ genommen und die Nazis quälten und folternden ihn 17 Monate lang bis er als ungebrochener Antifaschist auf geknüpft wurde. Als Freigeist mit vielen Widersprüchen steht Mühsam für ein Leben voller Kunst aber auch kämpferischen Tatendrang für eine bessere, herrschaftsfreie und solidarische Gesellschaft ohne Kapitalismus und Ausbeutung.
Mühsam in Göppingen
Mehrere Mal war Mühsam bei seinem Freund Karl Dingler, einer treibenden Kraft der anarchosyndikalistischen FAUD Württemberg, in Göppingen während der 1920er Jahre zu Besuch. Dingler wurde nach dem Krieg in den Beirat für den von den Alliierten eingesetzten Bürgermeister Eberhard ernannt. Später wurde er in den ersten demokratisch gewählten Gemeinderat nach der Nazidiktatur gewählt. Als Beirat setzte er durch, dass der Adolf-Hitler-Platz im Göppinger Stadtteil Holzheim nach Erich Mühsam umbenannt wird. Viele der Anwohner wissen, dass dies der “Mühsam-Platz” ist, obwohl die Stadt Göppingen nie ein Namensschild anbrachte.
Überbauung des Mühsam-Platzes?
Der Mühsamplatz besteht zu einem Teil aus einem beliebten Spielplatz und ist üppig mit großen Bäumen versehen, die wohltuenden Schatten an heißen Sommertagen spenden. Zentral gelegen ist er eine Oase der Ruhe, der zum Verweilen einlädt. Nirgends sonst in Holzheim gibt es einen Platz, der ähnliche soziale Funktionen erfüllt. Laut einem lokalen Pressebericht, bestehen Bestrebungen der Stadt Grundstücke auf- oder weiter zu verkaufen. Die Bebauung des Mühsamplatzes wäre dabei eine Möglichkeit, wogegen wir mit unserer Kundgebung auch ein Zeichen setzen wollen.
Es rufen auf:
Antifaschistische Gruppe Göppingen
VVN-BdA, Kreisvereinigung Göppingen
FAU Stuttgart
Anfahrt mit Navi: Benütze Staufenstraße 3 oder 5, 73037 Göppingen-Holzheim und/oder diese Umgebungskarte.