Auftakt des Terrors: Wanderausstellung über die frühen Konzentrationslager und ihre Inhaftierten

geschrieben von Erika Weisser

8. Februar 2024

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In der Nacht von 27. auf den 28. Februar 1933, vier Wochen nach der Übertragung der politischen Macht an die Nazis, brannte der Reichstag. Es handelte sich um eine bis heute nicht endgültig geklärte Brandstiftung – und der Propagandaapparat der neuen Machthaber tat sofort lauthals kund, wen sie als Schuldige auserkoren hatten: Kommunisten, ihre jüdisch-bolschewistischen Helfershelfer sowie auch ihre sozialdemokratischen Handlanger. Die politischen Gegner, die bereit waren, auch den an die Macht gelangten Faschismus zurückzukämpfen.

Sie schnell und möglichst vor der Reichstagswahl am 5. März „unschädlich“ zu machen, war zunächst das wichtigste Ziel der Nazis – und der Brand bot dazu eine willkommene Gelegenheit: Schon am nächsten Tag erließ Hitlers Steigbügelhalter Paul von Hindenburg in seiner Funktion als Reichspräsident die so genannte „Reichstagsbrandverordnung“. Damit wurden die Grundrechte der Weimarer Verfassung de facto außer Kraft gesetzt und mit dem Instrument der „Schutzhaft“ der Weg freigemacht für eine pseudolegale Verfolgung der politischen Gegner der NSDAP durch Polizei und SA.

Nach dem mit der Auflösung des Reichstags am 31. Januar erfolgten ersten Schritt zur Errichtung des faschistischen Regimes war diese angeblich „zum Schutz von Volk und Staat“ erlassene Verordnung eine weitere entscheidende Etappe zu seiner Festigung: Unter der Devise „Alles, was sich uns in den Weg stellt, wird niedergemacht“ (Hitler am 28.2.33) begann eine bis dahin beispiellose Hatz gegen die Linksparteien und ihre Vertreter; längst geplante Repressalien konnten nun unter dem Einsatz staatlicher Machtmittel durchgeführt und legitimiert werden.

Das Ergebnis: Binnen weniger Tage waren die Gefängnisse überfüllt, täglich kamen neue Verhaftete hinzu. In dieser Situation ging man dazu über, politische Gefangene in provisorischen Haftstätten zu internieren – in verlassenen Zuchthäusern und Kasernen, in stillgelegten Fabriken oder ehemaligen Festungen und Schlössern wie auf dem Oberen Kuhberg bei Ulm oder in Kislau bei Karlsruhe. So entstanden die frühen Konzentrationslager, mit denen sich die Wanderausstellung „Auftakt des Terrors“ beschäftigt. Erarbeitet wurde sie von Mitarbeitenden der bundesweit 17 Bildungseinrichtungen, die in der Arbeitsgemeinschaft „Gedenkstätten an Orten früher Konzentrationslager“ zusammengeschlossen sind.

Die gut strukturierte Ausstellung dokumentiert zum einen – anhand exemplarischer Biografien – das in der offiziellen „Erinnerungskultur“ oft zu kurz kommende Ausmaß der politischen Verfolgung. Zum anderen zeigt sie auch eindringlich, dass diese ersten KZs, zu denen auch Sachsenhausen und Dachau gehörten, eine zentrale Rolle bei der Sicherung der NS-Herrschaft spielten: Hier wurden die Instrumentarien der Gewalt, der Erniedrigung und der Zwangsarbeit erprobt, die in der späteren Zeit zur systematischen Mordmaschinerie ausgebaut wurden.

Eine sehr aufschlussreiche Präsentation – zu sehen bis 31. März in der Gedenkstätte Oberer Kuhberg in Ulm und bis 6. Februar im Salmen in Offenburg. Sie kann von Kreisvereinigungen oder Bündnissen für örtliche Aktionen angefragt werden bei: www.lernort-kislau.de Empfehlenswert ist auch der Begleitkatalog zur Ausstellung, in dem viele Hintergründe und Zusammenhänge aufgearbeitet sind.

Das nächste Mal zu sehen:
Rastatt Stadtmuseum: 15.2. – 17.3.
Mannheim Abendakademie & VHS: 20.3. – 30.4.