1929 – 1933

geschrieben von Anthony Cipriano

19. September 2025

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In welchem Zusammenhang stehen Aufstieg der Nazifaschisten und die Weltwirtschaftskrise von 1929?  Diese Frage wird gerne und oft in antifaschistischen Kreisen diskutiert und gewinnt heute wieder eine neue Aktualität: wir erleben wieder, wie mit der krisenhaften wirtschaftlichen Entwicklung eine ungeheuerlicher Aufstieg der Rechtskräfte einhergeht. Es lohnt sich also die Geschichte genauer anzuschauen und entsprechende Lehren zu ziehen.

Falsch wäre es zu behaupten, die wirtschaftlichen Eliten dieses Landes hätten die Hitlerfaschisten installiert, um sich von ihnen aus der Krise führen zu lassen. Tatsächlich vollzog sich die Machtübertragung an die NSDAP 1933 erst zu einem Zeitpunkt, als die schlimmsten Episoden der Weltwirtschaftskrise auf deutschem Boden bereits überwunden waren. Die Entscheidung erst in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs die Macht an die Faschisten zu übertragen, kann durchaus als Kalkül verstanden werden. Nur so konnte es den Faschisten gelingen, sich als Retter aus wirtschaftlicher Not zu inszenieren. Zu groß wäre sonst die Gefahr gewesen, dass die Errichtung der faschistischen Diktatur bereits an der dann ihr zugesprochenen wirtschaftlichen Schieflage gescheitert wäre.

Die Errichtung der faschistischen Diktatur war also nicht der Anfang, sondern der Gipfelpunkt der antidemokratischen Bestrebungen der Weimarer Wirtschaftseliten. Diese antidemokratischen Bestrebungen aber hatten durchaus in den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise ihren akuten Anlass. Bereits im Dezember 1929 veröffentlichte der Reichsverband der deutschen Industrie eine Denkschrift unter dem Titel „Aufstieg oder Niedergang?“, in der der Unternehmerverband massiven Sozialabbau zur Bewältigung der Krise forderte. Zu diesen Forderungen gehörten unter anderem der Angriff auf die Arbeitslosenversicherung und auf Sozialausgaben aller Art.

Doch es war den Herren Verfassern bereits damals klar, dass sich solche Angriffe auf die Bevölkerung nicht mit den von ihr erkämpften demokratischen Rechten vereinbaren ließen. Der von ihnen angestrebte Sozialkahlschlag musste zwangsläufig mit dem Abbau der Demokratie einhergehen. Das Kabinett Hitler war nicht das erste, welches diesen Staatsumbau dann in die Tat umsetzte. Bereits zur Amtszeit Brünings vollzogen sich massive Angriffe auf den Sozialstaat und damit einhergehend auch Angriffe auf die demokratischen Rechte der Bevölkerung. Zu dieser Zeit war noch nicht der Faschismus an der Macht, doch die faschistische Bewegung erfüllte für die Kriegs- und Kahlschlags-Ambitionen der Herrschenden auch hier schon eine nützliche Funktion: sie lenkte demagogisch von den Schuldigen der Massenverelendung ab, indem sie ihr rassistisches, antisemitisches und antikommunistisches Feindbild propagierte, und hielt – indem sie sich an dem wachsenden Protestpotential der Bevölkerung stärkte – zugleich den Weg in die faschistische Diktatur offen, sollte diese für die Durchsetzung der Programmatik der Großindustriellen nötig werden.

Der Aufstieg der NSDAP war jedoch keineswegs ein reiner Höhenflug. Trotz ihrer Anbiederung an die Arbeiterbewegung in Rhetorik und Symbolik gelang es ihr nie nennenswerten Zuspruch unter den organisierten Schichten der werktätigen Bevölkerung zu gewinnen. Die letzte Reichstagswahl 1932 endete mit einem erheblichen Stimmenverlust der NSDAP, welcher unter den Kräften der Weimarer Republik, die auf die Errichtung der faschistischen Diktatur setzten, mit Recht ein Gefühl der Eile auslöste: sollte der Übergang zum Faschismus bewerkstelligt werden, so müsse dies jetzt geschehen. Somit bildete die Machtübertragung an die Faschisten den Schlusspunkt einer Entwicklung, die schon weitaus früher hätte gestoppt werden müssen.

Wie hätte 1933 verhindert werden können? Bereits zur Amtszeit Brünings wäre es notwendig gewesen, den Weg zur Diktatur zu durchkreuzen. Nicht erst die Faschisten müssen gestoppt werden, sondern alle Schritte in Richtung Sozialabbau und Kriegstüchtigkeit.