Gedenk-Radtour entlang des KZ-Todesmarsches

geschrieben von Siggi Hubele

19. September 2025

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Die sehr informative, aber angesichts der Thematik auch bedrückende Tour wurde gemeinsam mit dem  Fahrradclub-ADFC, der INI KZ-Gedenkstätte Hessental, dem Friedensforum Ellwangen und der VVN – Bund der Antifaschist*innen Schwäbisch Hall veranstaltet. 35 RadlerInnen nahmen an der Tour teil. 25 von ihnen wurden mit einem Bus und einem  Radanhänger von Hessental nach Ellwangen/Neunheim gefahren. Von dort ging es, unterbrochen durch  zwölf Infostationen mit entsprechenden Erläuterungen, zurück zur KZ-Gedenkstätte Hessental.

Erste Infostation für die Teilnehmer war der Steinbruch in Neunheim, wo Häftlinge beim Steinabbau Zwangsarbeit leisten mussten. Hier wurden auch die Leichen von 40 beim Todesmarsch Anfang April 1945 getöteten KZ-Häftlingen verscharrt. Weiter ging es nach Ellwangen zu den Standorten der ehemaligen KZ-Außenlager „Goldrain“ und zur damaligen SS-Kaserne, wo ein Außenkommando des KZ Dachau untergebracht war. Gleich in der Nähe liegt der Friedhof auf dem sich eine Grabstätte von exhumierten KZ-Häftlingen befindet; dort wurden auch die Neunheimer Opfer nachträglich beerdigt.

Anhand grauenvoller Zeitzeugenberichte schilderte dann das Friedensforum Ellwangen die Situation von zurückgelassenen und sterbenden KZ-Häftlingen, die wie Abfall auf dem Gelände des Bahnhofes zurückgelassen wurden. Auch hier gab es Ermordungen durch die SS und der Bewachungsmannschaft. Ganz in der Nähe des Jagst-Ufers wurde auf das Schicksal von geflüchteten KZ-Häftlingen eingegangen, die dort umgebracht wurden.

Im Hof der Comboni-Missionare erwartete die RadlerInnen zur Mittagspause eine kleine Brotzeit. Zuvor gab es in der Kapelle noch eine kurze Einführung zur Entwicklungsarbeit der Combonis die aktuell im Sudan stattfindet.

Nach der Pause und dem Austausch über die Informationen zum Todesmarsch ging die Tour weiter nach Hoheberg/Rosenberg. Dorthin, wo die NPD und die sogenannte „Bewegung Deutsche Volksgemeinschaft“ in der ehemaligen Gaststätte  „Goldenes Kreuz„, ein Schulungszentrum für Neo-Nazis aufgebaut und bis 2008 betrieben hatten. Hier war auch ein völkisch – nazistisches „Verlags- und Medienhaus“ untergebracht, das NS-verherrlichende Filme und entsprechende Bücher in seinem Sortiment hatte und vertrieb. Viele der Nazis-Demos, die in den Jahren 2005 und 2006  Schwäbisch Hall terrorisierten, wurden im „Goldenen Kreuz“ von Lars Käppler und anderen „Neo-Nazi-Größen“ vorbereitet. Die Einwohner von Hoheberg/Rosenberg haben frühzeitig protestiert und erhielten auch landesweite Unterstützung. Das Haus wurde nach einem Brand an die Gemeinde verkauft und wurde dann vollständig abgerissen. Heute kann die freie Rasenfläche als Mahnmal gegen neue Faschisten gedeutet werden.

Die nächste Station war Rosenberg, wo die Häftlinge während des Todesmarsches in einer Stallung an einem Wohnhaus übernachten mussten. Die Zeugenaussagen eines überlebenden Häftlings schilderten die dramatischen Verhältnisse während des Marsches. Völlig unterernährt stürzten sich Häftlinge selbst auf das „Schweinefutter“ das eine Bäuerin ihren Tieren verfüttern wollte. In Rosenberg wurde ein junger Häftling in einem Waldstück erschossen, weil er sich vor dem Weitermarsch versteckt hatte. Das Grab des von der SS erschossenen Häftlings wurde trotz intensiver Suche bis heute nicht gefunden.

Auch im naheliegenden Bühlertann hatten die Verantwortlichen  des Todesmarsches Häftlinge über Nacht in einen Schafstall gepfercht. Am nächsten Morgen wurden 4 Tote notdürftig verscharrt.

Auf den letzten Kilometern der 50 Kilometer langen Radtour gab es einen Halt an der Bahnlinie Hessental-Sulzdorf. Anhand von jetzt zugänglichen Luftbildern und weiteren fotografischen Dokumenten  konnten die Teilnehmer den Ort kennenlernen, wo der Zug, mit dem die Hessentaler und Kochendorfer Häftlinge nach Dachau verfrachtet werden sollten, durch alliierte Tiefflieger gestoppt wurde. Hier begann dann der grausame Todesmarsch zu Fuß Richtung KZ Dachau.

Zum Schluss der Tour appellierte ein Vertreter der VVN-BdA, sich gegen Kriege und Kriegstüchtigkeit einzusetzen. Denn Ausgrenzung, Rassismus, Einschränkung von Freiheitsrechten und soziale Verwerfungen wuchern am stärksten unter Verhältnissen kriegsvorbereitender und kriegerischer Auseinandersetzungen. Deshalb sei es trotz unterschiedlicher Auffassungen zu aktuellen Kriegen wichtig, sich für Frieden, Ausgleich, Abrüstung und Versöhnung einzusetzen.

Bilder: Werner Schmid