80 Jahre Befreiung von Krieg und Faschismus: Zukunftsentwurf Antifaschismus verwirklichen! Für eine Welt des Friedens und der Freiheit!

28. Oktober 2025

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Beschluss der 45. ordentlichen Landesdelegiertenkonferenz der VVN-BdA Baden-Württemberg am 25./26. Oktober in Mannheim (zur Veröffentlichung leicht redaktionell überarbeitet)

Vor 80 Jahren wurden Deutschland und die Welt von den Schrecken befreit, die der Hitlerfaschismus über sie brachte. Abermillionen verloren ihre Leben in den Gefängnissen, Zuchthäusern und Konzentrations- und Vernichtungslagern des Naziregimes, im antifaschistischen Kampf gegen seine Armeen, an den Folgen der Ausplünderung ihrer Länder durch die faschistischen Besatzer. Unsere Kamerad:innen aus Widerstand und Verfolgung, von denen viele seit dem ersten Tag erbittert gegen den Faschismus kämpften, trugen einen bedeutenden Anteil an der Befreiung.

Von ihnen kamen viele aus Arbeiterfamilien, die schon früh alles dafür riskierten, den Nazifaschismus zu verhindern. Je deutlicher die Demagogie, die Expansionspolitik, der Rassenwahn der Nazis mit seinen fürchterlichen Folgen zutage traten, schließlich der Vernichtungskrieg im Osten tobte, die militärische Niederlage sich immer deutlicher abzeichnete, desto konsequenter wurde der Widerstand klar denkender Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Erst spät fanden die verschiedenen antifaschistischen Strömungen zusammen, doch auch alle gemeinsam schafften nicht, Deutschland aus eigener Kraft vom Nazifaschismus zu befreien. Als dies den Alliierten – allen voran der Sowjetunion, die 27 Millionen Leben verlor – 1945 gelungen war, war die Hoffnung groß, dass sich friedvolle Entwicklungsperspektiven eröffnen, ein Leben in sozialer Gerechtigkeit, eine antifaschistische Neuordnung Deutschlands und umfassende Demokratisierung der Gesellschaft möglich würden.

Mit den alten politischen, ökonomischen und militaristischen Strukturen sollte in jeder Hinsicht gebrochen werden. Als von den Überlebenden aus Widerstand und Verfolgung 1947 die VVN gegründet wurde, stand noch die Bildung antifaschistischer Volksausschüsse auf der Tagesordnung, die Zerschlagung wirtschaftlicher Machtzentren, die Entmilitarisierung und Demokratisierung der gesamten Gesellschaft, die Kooperation mit den Völkern Europas und der Welt und die Überwindung jeglicher Spaltung unter Antifaschist:innen.

Schnell zeichnete sich ab, dass aus der aus den Westzonen entstandenen Bundesrepublik kein solches solidarisches Gemeinwesen werden sollte. Ihre frühe Geschichte zeichnet sich durch das Ringen um den Charakter dieser Republik aus, in der sich – auch bedingt durch den Einfluss der westlichen Besatzungsmächte – der Zukunftsentwurf des antifaschistischen Widerstandes nicht durchsetzen konnte.

In allen Auseinandersetzungen innerhalb der Bundesrepublik standen die Überlebenden aus Widerstand und Verfolgung, auch wir (ab 1971) als VVN-BdA, an vorderster Front gegen jedwede Einschränkung demokratischer und sozialer Rechte der Bevölkerung, Militarisierung der Gesellschaft, Vorbereitung und Unterstützung von Kriegen, Geschichtsvergessenheit, deutschen Revanchismus und rechte Hetze und nicht zuletzt gegen jede Form von Rassismus und Antisemitismus.

Heute erleben wir, wie die Militarisierung Deutschlands und der Europäischen Union aktiv betrieben wird: Dazu gehören die Gegenkonversion der Industrie, d.h. deren Umstellung von ziviler Produktion auf Rüstungsproduktion, Debatten um die Wiederaktivierung der Wehrpflicht oder für eine allgemeine Dienstpflicht, massive Aufrüstungspakete sowie die ideologische Mobilmachung für einen großen Krieg. Die nach oben offenen Rüstungsmilliarden sind ein Angriff auf den Sozialstaat und belasten den Haushalt auch der kommenden Generationen. Mit Kürzungen im Sozialen, im Bildungssystem, bei der Rente und beim Gesundheitswesen werden die Folgen dieser Politik soziale Ungleichheit und gesellschaftliche Spaltung verschärfen und damit den Rechtsruck weiter vorantreiben. Die Politik der „Kriegstüchtigkeit“ erfasst alle Gesellschaftsbereiche und zielt auf einen vollständigen Gesinnungswandel innerhalb der deutschen Bevölkerung ab. Damit eng verbunden ist auch der wiederbelebte Geschichtsrevisionismus, der sich beispielsweise anhand des vorgeschlagenen Traditionserlasses der Bundeswehr und in der staatlichen Gedenkarbeit zeigt. Das Sterben für deutsche Großmachtträume soll glorifiziert werden. Auch unsere Gedenk- und Erinnerungsarbeit ist davon direkt betroffen, wenn beispielsweise antifaschistische Gedenkveranstaltungen nur unter strengen Auflagen stattfinden können.

Pistorius spricht vom Aufbau einer „kriegstüchtigen Führungsorganisation“, NATO und Bundeswehr werden als Garanten für den Frieden verklärt, der Krieg als notwendiges Mittel der Politik definiert. Mit der unbelegten Behauptung, Russland würde morgen Deutschland überfallen, werden irrationale Ängste geschürt. Besuche von Jugendoffizieren an Schulen, Angriffe auf die universitäre Zivilklausel, Bundeswehrpräsenz im Inland gehören mittlerweile längst zum Alltag. Mit dem Ausbau der zivil-militärischen Zusammenarbeit sollen alle gesellschaftlichen Bereiche, insbesondere auch das Gesundheitswesen auf Kriegsvorbereitung umgestellt werden.

Die Bundesrepublik hat ihre führende Rolle in der EU gefestigt und verfolgt eine Politik, die zwischen Kooperation und Konkurrenz zu den USA wechselt und zugleich auf die Eingrenzung der konkurrierenden globalen Mächte Russland und China zielt. Die aufbrechende Konfrontation zwischen EU und USA, die milliardenschwere Rüstungsprogramme der EU und der Einstieg in den Wirtschaftskrieg treiben den Ausbau der EU zur eigenständigen Militär- und Rüstungsmacht weiter. Im Rahmen dieser sich schon lange abzeichnenden geopolitischen Veränderungen will die Bundesrepublik ihre Position im Kampf um Rohstoffe, Märkte, politische Einflussnahmen und das Gewicht der deutschen Rüstungsindustrie stärken. Eine besondere Rolle spielen dabei nach wie vor Waffenexporte in Kriegs- und Krisengebiete sowie Auslandseinsätze und die dauerhafte Stationierung der Bundeswehr in Litauen.

Rüstungskonzerne und ihre Aktionäre profitieren von der Aufrüstung mit steigenden Gewinnen, während immer größere Teile der Bevölkerung unter den Krisenlasten leiden und ihre Zukunft bedroht sehen. Der angestrebte Umbau der von schweren Krisen erschütterten Industrie zur Kriegswirtschaft wird als notwendige Transformation verkauft und die Sicherung von Arbeitsplätzen versprochen.Der jüngste einstimmige Beschluss der NATO, künftig 5% der jeweiligen Bruttoinlandsprodukte für militäri­sche Zwecke auszugeben (davon angeblich 2% zur Verbesserung der Infrastruktur), stellt je­doch alles seit dem Kalten Krieg Dagewesene in den Schatten. Dieser Beschluss greift erheblich in das demokrati­sche Gefüge der betroffenen Staaten ein, da er die Finanzhoheit der gewählten Parlamente eklatant verletzt. Die Folgen sind absehbar: Investitionen erfolgen künftig nicht nach gesellschaftlicher Notwendigkeit, sondern nach dem „Primat des Militärs“. Die Rüstungshaushalte werden zu Lasten „konsumtiver Ausgaben“ (v.a. Sozialleistungen) auf­gebläht. Die Armut und die Unterfinanzierung sozialer und ökologischer Aufgaben, wie z.B. des Gesundheitswesens, werden dramatische Ausmaße annehmen. Die Binnennachfrage der einzelnen Staaten wird zurückgehen. Die Folgen werden Wirtschafts­krisen und Inflation sein. Auf diese Weise werden die Möglichkeiten für faschistische Parteien, soziale Demagogie zu be­treiben, ge­stärkt. Gleichzeitig werden durch die damit verbundene Militarisierung Strukturen geschaffen, die eine Machter­greifung durch faschistische Parteien erleichtern. Nicht der NATO angehörige Staaten, insbesondere solche, die sich durch die NATO bedroht füh­len, wer­den ebenfalls aufrüsten. Die für die Aufrüstung erforderlichen Rohstoffe werden die weltweite Konkurrenz um diese ver­schärfen. Zudem wird es verstärkt zu ökologischen Katastrophen kommen. Die Gefahr von Regio­nal- und Stellvertre­terkriegen wächst. Absehbar wird auch die unfreiwillige Migration durch diese Folgen zunehmen.

Von dieser sozialen Schieflage profitieren rechte Kräfte wie zum Beispiel die AfD, denen es mangels starker linker Gegenkraft teilweise gelingt, Proteste zu vereinnahmen. Wir erleben einen massiven Rechtsruck, auch in der Mitte der Gesellschaft.

In dieser Zeit gilt für alle Antifaschist:innen und den Kampf gegen rechts mehr denn je: Gemeinsam müssen wir für Menschenrechte und Menschenwürde, den Schutz der Grundrechte, für Frieden und soziale Sicherheit für alle Menschen eintreten.

1. Unser antifaschistischer Grundkonsens

Seit nunmehr 78 Jahren ist die VVN-BdA überparteiliche und überkonfessionelle Kampfgemeinschaft gegen Krieg und Faschismus. Der im Schwur von Buchenwald formulierte Auftrag – die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln – der Aufbau einer Welt des Friedens und der Freiheit – leitet ihr Handeln. In diesem Geiste setzt sie alles daran, den Faschismus in Wesen und Erscheinung zu bekämpfen und mit allen Kräften dafür zu sorgen, dass von deutschem Boden nie wieder ein Krieg ausgeht.

Aus der historischen Erfahrung heraus, dass die emanzipatorischen Kräfte in diesem Land versagt hatten, den Faschismus zu verhindern, weil sie nicht rechtzeitig zusammenfanden, folgt für uns die Pflicht, stets um die Einheit aller Antifaschist:innen zu ringen. Derzeit ist die fortschrittliche Bewegung wieder mit vielen Streitfragen konfrontiert, die sie zu zersplittern drohen.

Wir stellen fest, dass uns die Bündnispolitik vor besondere Herausforderungen stellt. Während wir bei unseren Aktivitäten gegen die AfD Teile der CDU auf unserer Seite haben, stellt uns der Kampf für andere Ziele, wie z.B. der für Frieden und Abrüstung, gegen Militarisierung, rechte Hetze und gegen den umfassenden Demokratieabbau vor Schwierigkeiten, die vor Jahren noch undenkbar waren: Teile von Organisationen und Parteien, mit denen wir traditionell in einem eher partnerschaftlichen Verhältnis zusammengearbeitet haben, betreiben jetzt eine Politik, die gegen unsere Vorstellungen gerichtet ist. Das geht zum Teil sogar so weit, dass sich die AfD vor Freude die Hände reibt, weil ihre Forderungen umgesetzt werden, ohne dass sie selbst regiert. Wir müssen uns mit diesen Organisationen und Parteien hart, aber sachlich auseinandersetzen. Wir nutzen unsere Breite, um die inhaltliche Stärkung der Bewegung durch die offene und kameradschaftliche Diskussion voranzutreiben.

Der Résistance-Kämpfer Peter Gingold formulierte hierzu einst: „Unsere Eltern haben versagt, denn sie haben nicht zusammengefunden, um den Faschismus rechtzeitig zu bekämpfen. Dafür gibt es nur eine Entschuldigung: sie wussten nicht, was Faschismus an der Macht bedeutet. Für uns gilt diese Entschuldigung nicht.“

Die Geschichte lehrt uns, was Faschismus an der Macht bedeutet. Unsere Gründer:innen taten alles dafür, das Leid und das Elend, das der Krieg über die Völker Europas und der Welt brachte, und die Terrorherrschaft in Deutschland zu beenden. In ihrem Sinne kämpfen wir als Antifaschist:innen auch heute noch für ihr Vermächtnis, für eine entmilitarisierte, entnazifizierte, entmonopolisierte und solidarische Gesellschaft.

2. Die Kampffelder der VVN-BdA

2.1. Der Kampf gegen Militarisierung und Krieg

Für die Überlebenden des NS-Regimes waren die Losungen „Nie wieder Krieg!“ und „Nie wieder Faschismus!“ untrennbar verbunden. Deshalb ist die VVN-BdA bis heute Teil der deutschen und internationalen Friedensbewegung. Vom gemeinsamen Kampf gegen die Remilitarisierung, der in Verbotsprozessen gegen unsere Organisation und weitere Friedenskräfte mündete, über den Kampf gegen die im Rahmen des sogenannten NATO-Doppelbeschlusses stationierten atomaren Mittelstreckenraketen, verbindet uns eine lange gemeinsame Traditionslinie mit der bundesdeutschen Friedensbewegung. Leitmotiv des Handelns unserer Vereinigung war immer der Kampf gegen die voranschreitende Militarisierung Deutschlands, gegen die militärische Westeinbindung und der Einsatz für Frieden und Völkerverständigung.

Deshalb gilt für uns:

  • Wir halten an dem Konsens der deutschen Friedensbewegung, der Forderung nach dem Stopp aller weiteren Aufrüstungspläne, am Verbot von Atomwaffen und von Rüstungsexporten, dem Austritt aus der NATO bzw. der Auflösung der NATO, keinem weiteren Ausbau der EU zur Militärunion sowie dem Stopp aller Wirtschafts- und Finanzblockaden, fest. Stattdessen fordern wir die Bundesregierung dazu auf, sich für Verhandlungen und Diplomatie einzusetzen und dazu beizutragen, dass die Waffen endlich schweigen und bestehende Verträge geltend gemacht werden. In der Ukraine, in Israel und Palästina und überall sonst auf der Welt!
  • Wir kämpfen gegen Geschichtsrevisionismus und das Wiedererstarken des deutschen Revanchismus
  • Wir widersetzen uns der inhaltlichen Aushöhlung und Verdrehung des Antifaschismus zur Kriegsrechtfertigungsideologie.
  • Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg!
  • Keine Wiedereinführung der Wehrpflicht oder anderer Zwangsdienste!

2.2. Der Kampf gegen Ausgrenzungen, Rechtsentwicklung und Faschismus

Derzeit sind wir mit einer massiven Rechtsentwicklung konfrontiert, die sich unter anderem in Kriegspolitik und Kriegsrhetorik, Sozialabbau und der Aushöhlung demokratischer Rechte ausdrückt. In diesem Klima gewinnt derzeit die AfD an Zulauf. Diese greift demagogisch das Protestpotenzial gegen die herrschende Politik auf, schafft Sündenböcke und lenkt so den Protest von den tatsächlichen Ursachen ab. Diese Funktion lässt sich beispielsweise anhand der Migrationsdebatte gut darstellen, in der Geflüchtete für die soziale Schieflage verantwortlich gemacht werden, um vom Sozialkahlschlag abzulenken. Die AfD fungiert für die regierenden Parteien zudem als Stichwortgeber, wie sich etwa in der Asylpolitik bemerkbar macht. Außerdem kann eine Struktur wie die AfD als potenzielle Massenbasis für einen autoritären Staatsumbau bis hin zum Übergang zum Faschismus dienen.

Die forcierte Rechtsentwicklung der Gesellschaft zeigt sich auch im Umgang des deutschen Staates mit faschistischen Personen und Organisationen. Während antifaschistische Demonstrationen niedergeknüppelt oder aufgrund unterstellter „Gewaltbereitschaft“ verboten werden, werden Neonazis und deren „Meinungsfreiheit“ politisch hofiert und auf der Straße durch die Polizei geschützt. Zu dieser Entwicklung gehört die Existenz von rechten Netzwerken in Polizei und Geheimdiensten, wie u.a. die Untersuchungsausschüsse zu den NSU-Morden, sowie weitere investigative Recherchen deutlich belegen.

Deshalb gilt für uns:

  • Wir treten ein für die Zerschlagung aller faschistischen Organisationen
  • Schluss mit der Kriminalisierung antifaschistischer Betätigung! Solidarität mit allen Antifaschist:innen über alle ideologischen Verschiedenheiten hinweg!
  • Das Problem an der Wurzel packen: Schluss mit der Militarisierung! Stattdessen Investitionen in Bildung, Gesundheit und Soziales!
  • Solidarität mit allen demokratischen Kräften, die vom Inlandsgeheimdienst beobachtet und diffamiert werden!
  • Rehabilitierung und Entschädigung für alle Betroffenen von Berufsverboten!
  • Verfassungsschutz auflösen!
  • Keine neuen Berufsverbote!

2.3. Der Kampf für soziale Gerechtigkeit und demokratische Teilhabe

Unsere Vorstellung einer solidarischen, offenen Gesellschaft beinhaltet die volle Partizipation und Inklusion aller Menschen. Wir wollen die Verantwortung für das Zusammenleben nicht an die Regierenden abgeben. Im Vermächtnis unserer Kamerad:innen, besonders aus dem Arbeiterwiderstand, treten wir für eine sozial gerechte Welt ein und erinnern daran, dass es die wirtschaftlichen Eliten Deutschlands waren, die ein Interesse an der Errichtung des Faschismus hatten und es wieder haben könnten. Deswegen treten wir für die Demokratisierung aller gesellschaftlichen Bereiche inklusive der Wirtschaft ein. Wichtige Bündnispartnerinnen im Kampf gegen Armut und Schikane sind die Gewerkschaften, die sich für die sozialen und politischen Rechte insbesondere der abhängig Beschäftigten einsetzen, und die Sozialverbände, die die Einbeziehung marginalisierter Gruppen in die Gesellschaft fördern; aber auch Netzwerke und Initiativen, die sich gegen Diskriminierung, Ausgrenzung oder andere Formen von gesellschaftlicher Spaltung engagieren. Dafür bedarf es umfassender demokratischer und sozialer Rechte und Freiheiten. Als VVN-BdA haben wir lange Erfahrungen im Kampf gegen politische Überwachung und Berufsverbote, gegen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit und andere sozial erkämpfte Grundrechte. Aufrufe zur Mäßigung in Zeiten der Krise, Angriffe auf das Streikrecht, Angriffe auf das Versammlungsrecht, all dies gehört mittlerweile zum Alltag. Gesellschaftlicher und politischer Rechtsruck haben diese Grund- und Freiheitsrechte so weit ausgehöhlt, dass sie oftmals nicht mehr wahrgenommen werden können.

Deshalb gilt für uns:

  • Hände weg vom Streikrecht!
  • Asylrecht ist Menschenrecht! Kein Gegeneinander-Ausspielen marginalisierter Gruppen!
  • Für ein Recht auf Arbeit, Bildung, Wohnen und Gesundheit!
  • Alle Menschen haben gleichen Anspruch auf die Güter dieser Welt!

3. Die Landesvereinigung stärken!

All diese Herausforderungen unserer Zeit erfordern eine starke VVN-BdA, der es gelingt aktiv in den sozialen Bewegungen zu wirken und die aktuellen Kämpfe miteinander und mit unseren historischen Erfahrungen zu verbinden. Um dies zu bewerkstelligen ist die Stärkung unserer Landesvereinigung auf allen Ebenen erforderlich. Für die kommende Amtszeit legen wir den Schwerpunkt auf die Stärkung der Kreisebenen sowie die stärkere Anbindung der Kreise an die Landesebene.

3.1. Stärkung der Kreise

In vielen Kreisvereinigungen gelingt es uns, durch regelmäßige Angebote die Mitgliedschaft in die Aktivitäten unserer Vereinigung einzubinden und durch Verankerung unserer Aktiven im Kreis in der antifaschistischen Bewegung und der Friedensbewegung zu wirken.

Allerdings variiert der Zustand unserer Kreisvereinigungen in Baden-Württemberg stark, positive Erfahrungen werden vereinzelt vor Ort gesammelt, aber kaum landesweit verallgemeinert. Um aber insbesondere schwächere Kreisvereinigungen zu stärken, ist es von Nöten, unsere Erfahrungen überregional zu verallgemeinern und sie ihnen zur Verfügung zu stellen.

Deshalb versuchen wir uns in der kommenden Amtszeit an einer landesweiten Bestandsaufnahme der Situation in den unterschiedlichen Kreisvereinigungen, mit dem Ziel Schlussfolgerungen für die Aktionstätigkeit und Einbindung der Mitglieder sowie Verankerung in der antifaschistischen Bewegung, der Friedensbewegung und der Gedenk- und Erinnerungsarbeit zu ziehen. Der Landesvorstand erarbeitet auf Basis dieser Schlussfolgerungen eine Handreichung für die Kreisvereinigungen, die die gewonnenen Erkenntnisse für die Kreisebenen nutzbar macht.

Die Arbeit der Kreisvereinigungen soll im Landesvorstand eine stärkere Rolle spielen. Bei landesweiten Vorhaben soll die Umsetzung in den Kreisvereinigungen stärker diskutiert und ausgewertet werden. Der Landesvorstand beschäftigt sich insbesondere intensiver mit Kreisvereinigungen, in denen wir besonders herausstechende Erfolge zu verzeichnen haben, um diese zu verallgemeinern.

3.2. Öffentlichkeitsarbeit

Bisher bestand die Öffentlichkeitsarbeit der Landesvereinigung in erster Linie aus landesweiten Seminarangeboten, Broschüren und der regelmäßigen Herausgabe der Antifa Nachrichten. Diese Projekte wurden dabei immer als größere Vorhaben gehandhabt und es konnte keine Regelmäßigkeit in der Veranstaltung von Seminaren und Herausgabe von Broschüren entwickelt werden. Wir richten deshalb die Öffentlichkeitsarbeit der Landesebene in Zukunft stärker danach aus, in Kooperation mit den Kreisvereinigungen niedrigschwellige und regelmäßige regionale Angebote zu schaffen.

Hierfür prüft der Landesvorstand ein örtlich-rotierendes Format für öffentliche Veranstaltungen, die ihrem Charakter nach niedrigschwelliger, zugänglicher und in der Vorbereitung weniger arbeitsintensiv sein sollen als die Seminare der letzten Jahre, um eine regelmäßigere Durchführung zu gewährleisten.

3.3. Bildungsarbeit

Die VVN-BdA befindet sich seit mehreren Jahren in einem Prozess des Generationswechsels. Diesen hat unsere Vereinigung bitter nötig, er birgt aber auch die Gefahr, dass das historische Gedächtnis unserer Vereinigung lückenhaft wird, wenn wir ihn nicht angemessen begleiten. Hierfür ist vor allem der Bereich der antifaschistischen Bildungsarbeit zentral.

Der Landesvorstand erarbeitet im Laufe der kommenden Amtszeit deshalb unter Einbeziehung von Expert:innen aus den Kreisvereinigungen und unserem Umfeld ein Bildungsheft, das die Eckpfeiler unserer Antifaschismuskonzeption herausarbeitet und die Erfahrungen unserer Gründungsmitglieder für die kommenden Generationen zugänglich macht. Ein besonderer Schwerpunkt liegt hierbei auf der Entlarvung von vorherrschenden Mythen in Bezug auf Faschismus und Nachkriegszeit, sowie der Vermittlung der Geschichte unserer Organisation und ihrer Traditionslinien.

Das Bildungsheft soll sich eignen, um auf dieser Basis ein Seminarangebot zu konzipieren.

3.4. Gedenk- und Erinnerungsarbeit

Die besondere Aufgabe und Leistung der VVN-BdA als Verband der ehemaligen Widerstandskämpfer:innen, der seit 1947 bis heute ununterbrochen aktiv antifaschistische Gedenkarbeit leistet, ist heute in der öffentlichen Wahrnehmung kaum mehr präsent. Grund dafür ist zum einen, dass die unmittelbaren Zeitzeug:innen aus unserer Gründergeneration, nicht mehr leben. Ein weiterer Grund liegt in der Auffächerung und Ausdifferenzierung der Akteure und Themen der Erinnerungskultur, die in den Vordergrund traten. Viele neue Akteure tragen heute die Erinnerungsarbeit und haben sie weiterentwickelt: Kommunen, Museen, Gedenkstätten, Stolperstein-Initiativen, Geschichtswerkstätten, Schulische Initiativen, Jugendguides etc.

Angesichts erschreckend zunehmender Rechtsentwicklung und geschichtsrevisionistischer Angriffe und Verfälschungen der antifaschistischen Erinnerung und Lehren in Deutschland und in ganz Europa, sind die Anforderungen an uns als Verband in der Tradition der Verfolgten des Naziregimes besonders hoch.

Aus dem Vermächtnis unserer Gründergeneration und im Sinne des Schwurs von Buchenwald gilt für uns heute mehr denn je die Verpflichtung, deren Erfahrungen und insbesondere die Lehren aus ihrem Kampf für die Gegenwart und Zukunft weiterzugeben und mit den aktuellen Kämpfen gegen Rassismus, Rechtsentwicklung und Neofaschismus zu verbinden.

Wir möchten im Zuge der stärkeren Orientierung auf die Kreisebene auch besonders in Hinblick auf unsere Gedenk- und Erinnerungsarbeit Erfahrungen austauschen und darüber diskutieren, wie wir diese Arbeit sowohl anknüpfungsfähig (besonders auch für jüngere Generationen) als auch politisch wirksam gegen Kriegsvorbereitungen und Demokratieabbau ausrichten können.

3.5. Antifa Nachrichten

Seit unserer letzten Amtszeit erscheinen die Antifa Nachrichten wieder quartalsmäßig und mit dem Charakter eines Themenheftes. Dem Anspruch nach fungieren die Antifa Nachrichten für uns als zentrales Material, um Positionen der Landesvereinigung nach außen zu tragen, aber auch um Diskussion und Erfahrungsaustausch zwischen den Kreisvereinigungen zu fördern.

In der kommenden Amtszeit möchten wir verstärkt darüber diskutieren, wie sich die Arbeit an und mit den Antifa Nachrichten besser gestalten lässt. Wir möchten den Kreisvereinigungen Hilfestellungen an die Hand geben, wie mit den Antifa Nachrichten gearbeitet werden kann, damit sie ihr volles Potenzial als Mitgliedermagazin entfalten können und uns in Aktivität und Diskussion beiseite stehen können. Außerdem wollen wir die Mitarbeit an den Antifa Nachrichten durch das Schreiben von Artikeln vermehrt als Werkzeug nutzen, um auch neue Kamerad:innen in unsere landesweite Arbeit einzubinden, und zusammen mit den Kreisvereinigungen über mögliche Autor:innen und Artikelthemen zu diskutieren.

Der Landesvorstand prüft in diesem Zuge auch, wie die Antifa Nachrichten selbst verändert werden müssen, um an die Diskussionen in den Kreisen anzuknüpfen und auch für unsere Bündnispartner:innen aus der Bewegung interessant zu sein. Dafür ist auch der Austausch mit den Kreisen über Kritik und Verbesserungsvorschläge unerlässlich.