Tag der Befreiung in Heidenheim – Rede von Lothar Letsche

geschrieben von Lothar Letsche

13. Mai 2015

Lothar Letsche (Geschäftsführendes Landesvorstandsmitglied, VVN-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Baden-Württemberg e.V.) Ansprache am 10. Mai 2015 zum Gedenken an den 70. Jahrestag der Befreiung in Heidenheim

Liebe Versammelte der heutigen Gedenkkundgebung,

mein Name ist Lothar Letsche und ich bedanke mich für die heutige Einladung nach Heidenheim.

In den letzten Apriltagen 1945 mussten die Gefangenen des Zuchthauses in Ludwigsburg im Hof antreten. Unter ihnen viele politische Häftlinge. Nach einem Fußmarsch hatten sie Güterwagen zu besteigen, die sie in das Konzentrationslager Mauthausen in Österreich bringen sollten. In Donauwörth kam der Zug zum Stehen. Die Eisenbahnbrücke war am 19. April von alliierten Tieffliegern zerstört worden. Die Häftlinge wurden in das überfüllte Zuchthaus im benachbarten Kaisheim gebracht. Das wurde von der anrückenden amerikanischen Armee zunächst mit einer SS-Kaserne verwechselt und beschossen. Die Wachmannschaft türmte. Nach Einnahme des Ortes und des Gefängnisses wurden die politischen Häftlinge nach und nach von der US-Armee entlassen. Das war die Geschichte der Befreiung meines Vaters Curt Letsche, entlassen am 11. Mai 1945. Er hat sie in Romanen geschildert. Ich bin also wortwörtlich ein Kind der Befreiung.

In Heidenheim war der 2. Weltkrieg schon am 25. April 1945, 0 Uhr, zu Ende. Die Übergabe der Stadt vollzog sich, lese ich, vor allem dank Dr. Hanns Voith und Dr. Werner Plappert fast kampflos. Allerdings mit 9 Toten und 6 Verletzten noch am letzten Tag. Die beiden Industriellen missachteten die letzten Durchhalte- und Räumungsparolen der örtlichen Naziführung, die mit den Resten der Wehrmacht gerade aus der Stadt türmte. Dabei wurden in letzter Stunde aus nichtigem Anlass zwei russische Kriegsgefangene erschossen. Voith und Plappert verhandelten mit den Amerikanern und dachten dabei sicher auch an ihre fast unzerstörten Fabriken, wo bei Voith bis zuletzt noch „Endsieg-Wunderwaffen“ produziert worden waren. Wie man „Ei ssörrender“, ich ergebe mich, richtig ausspricht, auch wenn man kein Englisch kann, war den Einwohnern in Flugblättern der Amerikaner schon erklärt worden. Ein durchgeknallter SS-Unterscharführer warf trotzdem noch Panzerfäuste, die Amerikaner feuerten zurück, die beiden Haux-Bekleidungshäuser brannten in letzter Minute ab. Die amerikanische Militärregierung übernahm dann die Macht und setzte in den folgenden Tagen und Wochen eine deutsche Zivilverwaltung ein. Kurzzeitig wurde eigenes „Heidenheimer Geld“ gedruckt.

In der ehemaligen Polizeischule oberhalb der Stadt hatte sich zeitweise ein Außenlager des KZ Dachau mit 50 Häftlingen befunden. Seit Dezember 1944 war darin ein 20-köpfiges Arbeitskommando des nur noch auf dem Papier existierenden, in Wirklichkeit längst befreiten KZ Natzweiler-Struthof im Elsass untergebracht. Dort wurden jetzt „Displaced Persons“ einquartiert – wie man die von den Nazis verschleppten Zwangsarbeiter, Russen, Polen, überlebenden Juden, nannte. Aber dann auch Personal von der Zeiss-Fabrik, das die Amerikaner bei ihrem Abzug aus Thüringen, bevor Jena der vereinbarungsgemäß sowjetischen Besatzungsmacht übergeben wurde, gleich mitgenommen hatten. Ab Oktober 1945 musste vorübergehend auch die Voith-Siedlung geräumt werden. 72 Personen wurden als Nazis in das Internierungslager Ludwigsburg eingeliefert; solche Lager gab es natürlich in allen Besatzungszonen, nicht nur in der sowjetischen. Befreit fühlten sich am 25. April 1945 in Heidenheim ohne Zweifel alle von den Nazis Drangsalierten unter der einheimischen Bevölkerung und die „Displaced Persons“. Was Auschwitz, Buchenwald, Dachau, Sachsenhausen, Treblinka, Majdanek, Bergen-Belsen möglich machte, verschwand aus den meisten anderen Köpfen nur allmählich – wenn überhaupt. Es war eben keine Stunde „Null“.

Umso wichtiger war und bleibt das Gedenken an die Opfer. Darum steht hier dieser Gedenkstein, darum gibt es die „Stolpersteine“. Von den 34 in Heidenheim lebenden Mitbürgern jüdischen Glaubens, die massiven Schikanen und Bedrohungen ausgesetzt waren, hatten 20 sich durch Auswanderung retten können, zehn wurden deportiert und – mit einer Ausnahme – ermordet. Unser ehrendes Gedenken gilt heute

• den deportierten, ermordeten und in den Tod getriebenen jüdischen Bürgerinnen und Bürgern Adolf Cahn, Hans, Hugo und Rosalie Jontofsohn, Luis und Sophie Klau, Arthur, Jenny und Wilhelm Metzger, Hermann Weil,

• dem im Februar 1945 im KZ Dachau ermordeten sozialdemokratischen Gewerkschaftssekretär Heinrich Talmon-Gros,

• dem wenig später in Buchenwald ermordeten Heidenheimer KPD-Vorsitzenden Ludwig Kentner,

• den wegen sog. „Heimtücke“, „Wehrkraftzersetzung“ oder „Feindbegünstigung“ verurteilten und ermordeten Bürgern Ernst Maier, August Jooß, Heinrich Weiß,

• und natürlich Georg Elser, über den gerade ein Kinofilm anläuft.Heidenheim kann stolz darauf sein, dass er hier im Landkreis in Hermaringen geboren wurde und in Königsbronn lebte, als er seine mutige Tat zur Vernichtung Hitlers plante. Kurz vor dem absehbaren Ende am 9. April 1945 wurde er auf persönlichen Befehl Hitlers in Dachau erschossen.

Ganz Europa ist am 8. Mai 1945 von dem Verbrechersystem des deutschen Faschismus und seinem Krieg befreit worden. Mehr als 55 Millionen Menschen fielen dem Nazi-Terror, Holocaust und Vernichtungskrieg zum Opfer. Zu Ende ging der in der Menschheitsgeschichte einmalige Massenmord an den europäischen Juden, den Sinti und Roma, an Homosexuellen, an Menschen mit Behinderung, an sogenannten Asozialen und nicht zuletzt an politisch Andersdenkenden, auch an Kriegsgefangenen, vor allem polnischen und russischen.

Wir als heute Lebende verdanken die Grundlagen eines Lebens in Frieden, Freiheit und Vielfalt den Siegern des 8. Mai und danken ihnen. Dieser Tag sollte auch bei uns ein offizieller Feiertag sein.

Es schmälert niemandes Beitrag im Kampf um diese Befreiung, wenn ich den der Sowjetunion hervorhebe. Sie verlor 27 Millionen Menschen. Auch heute heißt eine U-Bahn- Station mitten in Paris, „Stalingrad“. Dort wurde der Kriegsmaschine der deutschen Faschisten das Genick gebrochen. Die Franzosen wissen sehr gut, eine zweite Front, die ab dem 6. Juni 1944 ihr Land befreite, hätte es nicht gegeben, wenn sich die Rote Armee nicht schon auf die deutsche Grenze zu bewegt hätte. Nichts schafft die Tatsache aus der Welt, dass dieser verheerendste aller bisherigen Kriege von deutschem Boden ausging. Für die Nazis und auch für die Wehrmacht, die die Front hielt, damit nicht zuletzt auch die industriemäßige Vernichtung von Menschen in Auschwitz bis zu dessen Befreiung am 27. Januar 1945 weitergehen konnte, für die war der 8. Mai eine Niederlage.

Wer heute immer noch von einer Niederlage Deutschlands spricht, muss wissen, in welche Tradition und Gesellschaft er sich damit begibt. Da hat Heidenheim mit dem nach Friedrich-Degeler benannten Rathausplatz, einem Mitverantwortlichen für Auschwitz-Transporte, oder seinem 1961 vom ehemaligen „Afrikakorps“ errichteten Denkmal für Hitlers Lieblingsgeneral Erwin Rommel noch eine schwere Hypothek. Aber Rommels Rolle, das ist nur eine der kleineren Geschichtsklitterungen, die wir zurückweisen müssen.

Schlimmer sind die, mit denen versucht wird, die Aggressoren und ihre Opfer, die sich wehrten, auf eine Stufe zu stellen. Hitlers Außenpolitik und Hilfstruppen hatten sich Österreich einverleibt. Von Hitler, Mussolini, Chamberlain und Daladier wurde mit einem schändlichen Pakt, dem „Münchner Abkommen“ am 30.09.1938 die Tschechoslowakei zerstückelt, ein halbes Jahr später von Hitler ihre staatliche Existenz ausgelöscht. Der Überfall auf Polen am 1.September 1939 konnte niemand verwundern. Die Beistandszusagen der Westmächte nützten den Polen nichts. Erst 1940 folgten ihren Kriegserklärungen tatsächliche Kriegshandlungen. Selbstverständlich rechtfertigt nichts von den Zuständen in Vorkriegspolen, ob das nun eine Musterdemokratie war oder nicht, in irgendeiner Weise den Nazi-Überfall. Polen hatte Deutschland genauso wenig militärisch bedroht wie in der Tschechoslowakischen Republik die Menschenrechte der Sudetendeutschen bedroht waren.

Gab es damals eine Alternative für die als nächste vom deutschen Faschismus bedrohten Länder? Dazu Winston Churchill, britischer Premier von 1940 bis 1945. Ein „Bündnis von England, Frankreich und Russland hätte Deutschland im Jahr 1939 mit größer Beunruhigung erfüllt, und niemand vermag zu beweisen, dass sich der Krieg nicht sogar damals hätte verhüten lassen. …“

Entsprechende Initiativen der Sowjetunion gab es, bestätigt Churchill, und schreibt in seinen Memoiren weiter: „Wenn Chamberlain zum Beispiel bei Empfang des russischen Angebots geantwortet hätte: Ja, wir drei wollen uns zusammentun und Hitler das Genick brechen, oder mit anderem Worten dieses Inhalts, so hätte das [britische] Parlament zugestimmt, Stalin wäre zufrieden gewesen, und die Geschichte hätte vielleicht einen anderen Lauf genommen. Wenigstens hätte sie keinen schlimmeren nehmen können. Stattdessen folgte langes Schweigen, während halbe Maßnahmen und wohlabgewogene Kompromisse vorbereitet wurden.“ So lief das.

Erst in letzter Minute wurde von der sowjetischen Führung die Notbremse gezogen und am 23. August 1939 ein deutsch-sowjetischer Nichtangriffsvertrag unterzeichnet, den die Nazis vorgeschlagen hatten. Wenn das heute von manchen als eine Art Komplott zur Vorbereitung des 2. Weltkriegs hingestellt wird, stimmt es einfach nicht. Wer die Zerstörung Dresdens oder Pforzheims im Bombenkrieg und ihre vielen Opfer beklagt, darf nicht schweigen von der Generalprobe, der Zerstörung Gernikas durch die Nazi-Luftwaffe mit Dornier- und Heinkel-Flugzeugen schon während des spanischen Bürgerkriegs 1937, und von ihren Flügen, um 1940 England zu „coventrieren“, wie sie das großmäulig nannten, als sie die Industriestadt Coventry mitsamt ihrer Kathedrale in Schutt und Asche gelegt hatten. Wer Ostpreußen oder Schlesien als ehemaligen Siedlungsgebieten deutschsprachiger Menschen nachtrauert und Vertreibungsschicksale beklagt, spricht von den Reaktionen der Opfer eines Angriffskriegs, der im deutschen Namen begangen wurde.

Im Grundgesetz bis heute gültig, gibt es den Artikel 139: „Die zur „Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus“ erlassenen Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht berührt.“ Sie gelten also weiter! Uns vom „Nazismus und Militarismus“ zu befreien – immer in einem Atemzug genannt – das war das Ziel der Befreier! Schon im Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 nachzulesen.

• Abrüstung und Entmilitarisierung, „Ausschaltung der gesamten deutschen Industrie, welche für eine Kriegsproduktion benutzt werden kann oder deren Überwachung“, „um damit für immer der Wiedergeburt oder Wiederaufrichtung des deutschen Militarismus und Nazismus vorzubeugen“;

• Die Nazi-„Partei … ist zu vernichten … es sind Sicherheiten dafür zu schaffen, dass sie in keiner Form wieder auferstehen [kann]; jeder nazistischen und militaristischen Betätigung und Propaganda ist vorzubeugen.“

• „Alle nazistischen Gesetze, welche … eine Diskriminierung auf Grund der Rasse, Religion oder politischer Überzeugung errichteten, müssen abgeschafft werden. Keine solche Diskriminierung, weder eine rechtliche noch eine administrative oder irgendeiner anderen Art, wird geduldet werden.“

• „Das Erziehungswesen in Deutschland muss so überwacht werden, dass die nazistischen und militaristischen Lehren völlig entfernt werden und eine erfolgreiche Entwicklung der demokratischen Ideen möglich gemacht wird.“

• „In praktisch kürzester Frist ist das deutsche Wirtschaftsleben zu dezentralisieren mit dem Ziel der Vernichtung der bestehenden übermäßigen Konzentration der Wirtschaftskraft, dargestellt insbesondere durch Kartelle, Syndikate, Trusts und andere Monopolvereinigungen.“

Eine Kommission der amerikanischen Militärregierung hielt 1947 fest: „Die Deutsche Bank benutzte ihre gewaltige Macht, um bei der Durchführung der verbrecherischen Politik des Naziregimes auf wirtschaftlichem Gebiet mitzuwirken“. Da steht auch: „Es wird empfohlen, dass 1. die Deutsche Bank liquidiert wird; 2. die verantwortlichen Mitarbeiter der Deutschen Bank angeklagt und als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden; 3. die leitenden Mitarbeiter der Deutschen Bank von der Übernahme wichtiger oder verantwortlicher Positionen im wirtschaftlichen und politischen Leben Deutschlands ausgeschlossen werden.“ Nicht viel besser kommt die Dresdner Bank weg. Wer es für abwegig hält, wenn junge Menschen über den Zusammenhang von Kapitalismus und Faschismus nachdenken, sollte das lesen!

Wenn Griechenland, wo eine Million Menschen durch die Nazibesatzung umgekommen sind, die Frage der erpressten Zwangsanleihe und überhaupt von Reparationen für die Nazi- Besatzung und Wiedergutmachung für die Opfer endlich in einem Friedensvertrag anständig geregelt bekommen will, dann soll niemand so tun, als ginge es unsere heutige Regierung und die heutigen Banken nichts an!

Im sogenannten „2 + 4-Vertrag“ von 1990 wird bekräftigt, dass „von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird.“ Die seitdem geführten Kriege zu zählen fällt schwer und diese Kriege zählen ihre Opfer schon lange nicht mehr! Wir lehnen Auslandseinsätze der Bundeswehr ab, auch wenn sie unter dem Vorwand humanitärer Hilfe erfolgen. Wir brauchen kein neues Leitbild für die deutsche Außenpolitik. Deutschland schuldet der Welt keine Soldaten, sondern Beiträge für Frieden und Abrüstung!

Brandgefährlich ist vor allem die Situation in der Ukraine, die in EU- und NATO-Strategien einbezogen wird. Die Bundesregierung steht in der historischen Verantwortung, eine neue Entspannungspolitik mit Russland auf den Weg zu bringen, in der die Sicherheitsinteressen aller Beteiligten Berücksichtigung finden. Nazi-Kollaborateure wie Stepan Bandera dürfen nicht zu verdienten Freiheitshelden umgelogen werden. Faschisten in der Regierung und militärischen Strukturen der Ukraine können keine Bündnispartner sein.

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Gruppierungen wie die NPD gehören verboten und aufgelöst! Was sie verbreiten, gehört wieder dorthin gestellt, wo es nach 1945 war und hingehört: Außerhalb dessen, was eine zivilisierte demokratische Gesellschaft in ihrer Mitte duldet!

Der „NSU“-Untersuchungsausschuss des Landtags muss die Verstrickungen zwischen Nazistrukturen, Polizeikreisen und Geheimdiensten konsequent aufarbeiten.

Dass die neuen Nazis nicht nur Hassparolen verbreiten, sondern auch morden, weiß man in Heidenheim nicht erst seit Aufdeckung der „NSU“-Mordserie. Unser Gedenken gilt heute auch Aleks, Victor und Waldemar, den drei jungen Menschen, die 2003 durch den Neonazi Leonhard Schmidt ermordet wurden. Heidenheimer Schülerinnen und Schülern haben ihnen damals eine Gedenktafel gewidmet. Das Feindbild der Behörden muss stimmen!

Wenn Antifaschistinnen und Antifaschisten und kapitalismuskritische junge Menschen und ihre Entschlossenheit, Nazis nie mehr die Straße zu überlassen, mit diesen auf eine Stufe gestellt und kriminalisiert werden, wenn die Sorge der Ordnungsbehörden vor allem dem störungsfreien Ablauf der Naziaktionen gilt, dann hat man das Problem nicht begriffen!

Protestaktionen von Antifaschistinnen und Antifaschisten als verfassungsfeindlich hinzustellen mit der Begründung, sie stellten ja das Recht der Nazis auf freie Meinungsäußerung in Frage – das ist ein Hohn für alle Opferverbände und demokratischen Kräfte!

Auch wenn Nazis sich als Initiativen gegen Flüchtlingsunterkünfte oder „Islamismus“ tarnen, ist ihr Ziel doch immer das gleiche. Um so wichtiger ist für uns, antifaschistische Arbeit mit der Forderung nach sozialer Gerechtigkeit zu verknüpfen. Ein sozialer Staat kann und darf Armut und soziale Ausgrenzung in mitten einer reichen Gesellschaft nicht zulassen. Wir brauchen Umverteilung von oben nach unten, umgekehrt wurde lange genug verteilt! Unser Ziel muss sein, Altersarmut zu vermeiden, Arbeits- und Perspektivlosigkeit zu bekämpfen, eine gute Ausbildung und attraktive Jobs für Jüngere zu schaffen und unserer jungen Generation in ganz Europa eine gesicherte Zukunft zu bieten. Damit entschärfen wir soziale Brennpunkte und entziehen auch den Nährboden für faschistisches Gedankengut.

Und wir dürfen nicht vergessen, warum das Asylrecht im Grundgesetz steht. Wie viele mussten damals vor den Nazis in anderen Ländern Schutz suchen! Jeden Tag ertrinken Menschen auf ihrer Flucht über das Mittelmeer. 55 Millionen Menschen weltweit – so viele wie der 2. Weltkrieg Opfer forderte – sind auf der Flucht vor Kriegen, ethnischen Verfolgungen, Armut und Perspektivlosigkeit in ihren Heimatländern. Es kann nicht angehen, dass sie an Europas Grenzen aufgehalten werden und in die Hoffnungslosigkeit zurück geschickt werden. Wir brauchen eine europäische Politik der Hilfe zur Selbsthilfe, die die Menschen in ihren Heimatländern in die Lage versetzt, sich ein menschenwürdiges Dasein aufzubauen.

Abschließend möchte ich zitieren, was der Gemeinderat dieser Stadt am 15. Mai 2012 beschloss: Heidenheim ist eine offene Stadt, eine Stadt, die jegliche Form von Extremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und jede Form von Gewalt ablehnt. Die Unversehrtheit und Würde eines jeden Menschen ist für uns unantastbar. Jeder Mensch ist in seiner Eigenheit wichtig und wertvoll. In der Vielfalt der Lebensstile und der Weltoffenheit der Menschen hat unsere Stadt stets profitiert. Der Weg in eine gemeinsame Zukunft führt über ein solidarisches Zusammenleben frei von Vorurteilen. Wir treten für eine Stadt ein in der Vielfalt und Unterschiede als Chance begriffen, Ausgrenzung und Diskriminierung aber geächtet werden.

Also:

• Farbe bekennen gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus • Nazidemonstrationen auch künftig verhindern.

• Halten wir es mit Georg Elser. Führen wir den Mut dieses Widerstandskämpfers zusammen zum gemeinsamen Widerstand gegen den Neofaschismus.

• Verhindern wir heute den Anfang, damit die nächste Generation in Frieden lebt.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.