Gedenkveranstaltung an die Opfer der Pogromnacht in Cannstatt

2. November 2021

Dienstag, 9. November 2021 um 18.00 Uhr auf dem Cannstatter Marktplatz

Bündnis zum Gedenken an die Opfer der Pogromnacht in Cannstatt

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten die Synagogen im gesamten Deutschen Reich sowie in Österreich und in der Tschechoslowakei.
Angezündet von SA und SS, organisiert, vorbereitet und angeleitet von Partei, Regierung und Behörden des faschistischen Staates. Am nächsten Tag wurden mehr als 7.000 jüdische Geschäfte geplündert, zehntausende jüdische Menschen verhaftet und über 100 ermordet. Die Polizei verschleppte 26.000 jüdische Männer aus ganz Deutschland vor allem in die Konzentrationslager Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald.

Die Pogromnacht in Stuttgart

In Stuttgart legte der Branddirektor, in zivil und ausgestattet mit einem Eimer Waschbenzin, selbst den Brand; in Cannstatt war es der Leiter der Feuerwache. Fast alle männlichen Stuttgarter Juden zwischen 18 und 65 Jahren wurden verhaftet, auch Kranke und Jugendliche unter 18 Jahren.
Das jüdische Ehepaar Karl und Emilie Oppenheimer wohnte in der Daimlerstraße 56, nur 100 m von der Cannstatter Synagoge entfernt. Nach der Pogromnacht erließ der NS-Staat die „Judenvermögensabgabe“, mit der die jüdischen Menschen gezwungen wurden, den Schaden des Staatsterrors in der Pogromnacht selbst zu bezahlen. Allein den Oppenheimers wurden mit dieser Zwangsmaßnahme 7.800.- Reichsmark geraubt, die in Wirklichkeit von den Faschisten zur Vorbereitung ihrer Kriege benötigt wurden. Am 26. April 1942 wurden sie vom Stuttgarter Nordbahnhof in überfüllten Waggons ins KZ Theresienstadt deportiert und mussten für ihr „Altersghetto“ Theresienstadt 2.000.- Reichsmark Eintrittsgeld zahlen und für fünf Jahre im Voraus 180.- Reichsmark Pflegegeld je Monat. Ein halbes Jahr später starb Karl Oppenheimer, seine Frau wurde 1944 nach Auschwitz deportiert und überlebte dies nicht.

Die Gedenkreden werden gehalten von:

  • Julia Friedrich, Geschäftsführerin DGB Ba.-Wü.
  • Ulrich Schneider, (Historiker, Bundessprecher der VVN-BdA und Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer)
  • Stuttgarter Jugendlichen aus verschiedenen Jugendorganistionen
  • Einem/einer Vertreter/in des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region (AABS)

Kulturprogramm:

  • Freier Chor Stuttgart mit jüdischen und antifaschistischen Liedern

Anschließend gemeinsamer Zug zum Platz der ehemaligen Synagoge – 19.00 Uhr Kranzniederlegung

Es gelten die Abstandsregeln sowie die Maskenpflicht

Im Anschluss:

Antisemitismus – Von der Ausgrenzung zum Völkermord!

Lesung mit Ulrich Schneider aus seinem aktuellen Buch „Antisemitismus im Dritten Reich – Von der Ausgrenzung zum Völkermord“

Yidishe Lieder mit Albert Kunze (Gesang) und Vladimir Romanov (Klavier).

19.30 Uhr im Verwaltungsgebäude des Bezirksrathauses – Marktplatz 10, 70372 Cannstatt

Der Antisemitismus war keine Erfindung der Nazis. Er hatte seine Vorläufer und wurde von diesen ins Extreme gesteigert. Der gesellschaftlichen Ausgrenzung und Isolierung schon zu Beginn des „Dritten Reichs“, der Entrechtung durch die „Nürnberger Rassegesetze“ von 1935 und der damit verbundenen „Arisierung“ der Wirtschaft und Säuberung des Kulturlebens folgten die Novemberpogrome von 1938 sowie der forcierte Raub jüdischen Eigentums und mit dem Krieg die Ghettoisierung und Deportation in den Osten. Dieser Prozess kulminierte schließlich in der „Endlösung der Judenfrage“ durch die Massenvernichtung. Ulrich Schneider ordnet die Judenverfolgung in die Gesamtpolitik des deutschen Faschismus ein: politische und gesellschaftliche Gleichschaltung als Voraussetzung kriegerischer Expansion zur Realisierung internationaler Vorherrschaft.

Ulrich Schneider ist Historiker, Bundessprecher der VVN-BdA und Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer FIR

Der Yidish-Forscher und Hobbysänger Albert Kunze hat sich mit dem Profipianisten und Komponisten Vladimir Romanov zusammengetan, um yidishe Lyrik und Klezmersongs zu erarbeiten. Die beiden am festival yidishe muzik Beteiligten, das am Samstag, 27.11.2021 zum 4. Mal stattfindet, werden yidish-sprachige Gedichte und Lieder vortragen, darunter Lieblingsstücke von der leider dieses Jahr verstorbenen Esther Bejarano.

Für die Abendveranstaltung im Rathaus gilt die 2G-Regel, eine Anmeldung ist erforderlich unter www.pogromnachtcannstatt.wordpress.com. Dort stehen auch weitere Informationen zur Verfügung.