Verhängnisvolle Fehleinschätzung

geschrieben von Rüdiger Jungkind

16. Oktober 2023

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Die Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933

Dieser Film der DGB-Region Nordbaden kommt zur rechten Zeit. Wie kam es dazu, dass am 2. Mai 1933 die Gewerkschaften von den Nazifaschisten ohne nennenswerten Widerstand zerschlagen worden sind? Der Film wurde in mehreren Städten Nordbadens gezeigt: In Pforzheim am 11. September 2023 im Kommunalen Kino. Knapp dreißig Interesserte setzen sich mit dem Geschehen auseinander.

In den vier Stadten Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe und Pforzheim gab es historisch gewachsen unterschiedliche soziale Strukturen. Mannheim als klassische Industriearbeiterstadt war eine Hochburg der Arbeiterbewegeung, Karlsruhe war Landeshauptstadt, Heidelberg der Sitz einer renommierten Universität und Pforzheim ein global bedeutender Standort der Schmuck- und Uhrenindustrie.

In allen vier Städten gab es aktive Gewerkschaften, ebenso waren die Arbeiterparteien, d.h. die SPD, die KPD und auch die SAP in der Öffentlichkeit präsent. Die Entwicklung unterschied sich graduell, aber nicht grundsätzlich von der Entwicklung in der Weimarer Republik, deren Existenz mit der Machtübertragung an Adolf Hitler am 30. Januar 1933 ein jähes, aber nicht mehr überraschendes Ende fand.

Es wird am Beispiel der Sitzung des SPD-Parteiausschusses am 31. Januar 1933 in Berlin aufgezeigt, weshalb es (mit Ausnahme in der Textilarbeiterstadt Mössingen) nicht zum Generalstreik kam: Die SPD hatte Vorbehalte, weil sie regelrecht fürchtete, die KPD könne den Generalstreik für ihre Zwecke missbrauchen. Man traute sich den Streik wegen 8 Millionen Arbeistlosen auch kräftemäßig nicht zu. Schließlich war es schwierig, eine griffige Losung zu finden.

Vor allem aber wurde in breiten Kreisen der Arbeiterschaft angenommen, Hitler habe bald abgewirtschaftet. Und es wurde auch davon ausgegangen, dass es bald nach den am 5. März 1933 zu erneuten Reichstagswahlen kommen würde. Schließlich hatten alleine 1932 zwei Wahlen stattgefunden. Im November 1932 hatte die NSDAP 4,2% an Stimmenanteilen verloren.

Sofern dann doch Aufrufe zum Generalstreik kursierten, wie z.B. in Karlsruhe, wurden diese in Nordbaden nicht befolgt.

Bekanntlich trug die Zersplitterung der Arbeiterbewegeung dazu bei, dass ein effektiver Widerstand nicht geleistet wurde. Am 2. Mai 1933 war es zu spät – so das eindeutige Fazit des Films. Jürgen Schroth, langjähriger DGB-Kreisvorsitzender in Pforzheim, bringt es durch ein Zitat von Hermann Rapp, seinem Vorgänger und Zeugen des 2. Mai 1933 auf den Punkt: „Meine Herren, Sie haben die Macht. Sie können mit mir verfahren, wie Sie wollen. Meine Gesinnung werden Sie nicht brechen!“

Karla Spagerer aus Mannheim, Enkelin des Widestandskämpferin Georg Lechleiters, berichtet, wie sie als 13-jährige die Ermordung der Widerstandsgruppe am 15. Septmber 1942 auf einem großen roten Plakat gelesen hat.

Der Film bleibt nicht bei der Geschichte stehen. Am Beispiel der alljährlichen Gedenkfeier der VVN-BdA in Heidelberg für die Opfer von Faschismus und Krieg und der Demonstrationen gegen die „Fackelmahnwache“ der Neonazis anlässlich der Bomardierung Pforzheims am 23. Feburar wird beispielhaft gezeigt, wie wichtig Gedenken und Gegenwehr sind. Beides gehört zusammen.

Dem DGB ist für die Verfilmung der Geschichte in dieser Form ausdrücklich zu danken.

Im Anschluss an den Film entstand eine rege Diskussion. Schon vor den entsetzlichen Wahlen in Hessen und Bayern war den Aktiven im Kommunalen Kino in Pforzheim klar: Wir nehmen die Auseinandersetzung gegen die AfD und andere Rechte im Wahljahr 2024 auf!

Der Film kann aufgerufen werden unter folgendem Link:

Rüdiger Jungkind, VVN-BdA Kreisorganisation Pforzheim

Veranstaltungshinweise der VVN-BdA Pforzheim:

Montag, 20. November: 19.00 Uhr: Kurdistan-Solidaritätsveranstaltung im „Linken Zentrum“, Kronprinzenstraße 46, Pforzheim

Sonntag, 26. November: 11.00 Uhr: Gendekfeier für die Opfer von Faschismus und Krieg, Hauptfriedhof Pforzheim, am Mahnmahl der Opfer für Faschismus und Krieg (Osteingang)